# Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden.

Ein Beitrag aus unserer Blogreihe »Zukunftsfähig Wirtschaften«

Bereits in den letzen beiden Blogbeiträgen, zur Donut-Ökonomie und zur Energiezukunft, haben wir grünes Wachstum thematisiert. So ist die Donut-Ökonomie das Wirtschaftsmodell der Zukunft, in der eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft verwirklicht wird und Wirtschaftswachstum obsolet ist. Dagegen ist für den Umweltökonomen Stefan Schleicher »grünes Wachstum« notwendig, um die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft überhaupt zu erreichen. Einen radikalen Weg zeigt die taz-Chefredakteurin und Spiegelbestsellerautorin Ulrike Herrmann in ihrem neuen Buch »Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden.« auf. In ihrer Analyse stellt sie detailreich die Zusammenhänge zwischen Kapitalismus und Wirtschaftswachstum dar, die eine klimaneutrale Wirtschaft unmöglich machen. Als Übergangswirtschaft zu einer klimaneutralen Zukunft, die ohne Wachstum auskommen muss, schlägt sie die Britische Kriegswirtschaft vor. Für sie eine Überlebenswirtschaft.

Ulrike Herrmann

Der Kapitalismus – ein Segen für die Menschheit.

Ulrike Herrmann ist keine Kapitalismuskritikerin. Sie verweist darauf, dass seit der Industrialisierung die großen Hungersnöte zurückgegangen sind, solange keine Weltkriege angezettelt wurden. Die Lebenserwartung hat sich zur Vorindustrialisierung nahezu verdoppelt und auch die Lebensqualität hat sich massiv verbessert. Frauen haben vom Siegeszug der Konsumgüter profitiert, da Hausarbeit heute deutlich weniger Zeit verschlingt. Auch der Alltag ist heute wesentlich komfortabler, als er selbst für Könige des 18. Jahrhunderts war. Mittlerweile durchdringt der Kapitalismus nicht nur die Wirtschaft, sondern das gesamte Leben. Daher ist es auch so schwer, gedankliche Alternativen zu entwickeln. »Zudem sind viele Errungenschaften des Kapitalismus so segensreich, dass niemand sie missen möchte. Der materielle Wohlstand hat immaterielle Folgen. Nicht nur die Lebenserwartung hat sich verdoppelt; auch allgemeine Bildung, Gleichberechtigung und Demokratie werden erst möglich, wenn eine Gesellschaft reicher wird,« schreibt Herrmann.

Der Kapitalismus benötigt Energie – billige fossile Energie.

Dieser Wohlstand ist mit billiger fossiler Energie erkauft worden. Und hier stoße man nun auf natürliche Grenzen. Sie erläutert, dass sich die Welt auch auf technologischen Fortschritt nicht verlassen könne, der, wenn er überhaupt komme, zuspät komme. Auch Ökoenergie ist nicht die Lösung, da der Kapitalismus, damit er stabil bleibt und nicht in Krisen schlittert, Wachstum und Expansion benötigt. Und dieser Zwang kollidiert mit unserem begrenzten Planeten Erde: Unendliches Wachstum ist in einer endlichen Welt nicht möglich.

»Grünes Wachstum« gibt es nicht.

Die Zahlen sprechen für sich: Die Weltwirtschaft wuchs zuletzt durchschnittlich um 2,8 Prozent im Jahr. Das würde bedeuten, dass sich die globale Wirtschaftsleistung alle 26 Jahr verdoppelt. Diesen Bedarf an Energie kann auch Erneuerbare Energie nicht abdecken. Ulrike Herrmanns zentrale These ist, dass Klimaschutz 100% ökologische Kreislaufwirtschaft bedeutet. Kapitalismus ist aber ohne Wachstum nicht möglich. »Diese Aussage mag zunächst überraschen, schließlich schickt die Sonne 5.000-mal mehr Energie zur Erde, als die acht Milliarden Menschen benötigen würden, wenn sie alle den Lebensstandard der Europäer genießen könnten. […] Solarpaneele und Windräder liefern jedoch nur Strom, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Um für Flauten und Dunkelheit vorzusorgen, muss Energie gespeichert werden – und dieser Zwischenschritt ist so aufwendig, dass Ökostrom knapp bleiben wird.«

Grünes Schrumpfen und das Vorbild der britischen Kriegswirtschaft.

Eine ökologischen Kreislaufwirtschaft bedeutet, dass die Wirtschaft schrumpfen muss. Sobald aber das Wachstum ausbleibt, bricht der Kapitalismus zusammen. Damit dieser Rückgang geordnet vonstatten gehen kann und unsere Demokratien überleben können, schlägt die Autorin die britische Kriegswirtschaft ab 1939 vor. Damals entstand über Nacht eine »private und demokratische« Planwirtschaft. Die Fabriken blieben zwar in privater Hand, aber der Staat steuerte die Produktion. Damals wurde auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erfunden, mit dem sich gut einschätzen ließ, welche Industriekapazitäten und Ressourcen für die Lebensmittelproduktion und welche Rationierungsprogramme benötigt wurden. »Der Konsum fiel damals um ein Drittel – und zwar in kürzester Zeit. […] Der deutsche Verbrauch muss ähnlich drastisch sinken, wenn das Klima gerettet werden soll.« Von der Britischen Kriegswirtschaft können wir lernen, wie ein geordneter, sozial gerechter und demokratisch legitimierter Rückbau zur Klimarettung verlaufen kann.

Abschluss

Herrmanns Buch ist lesenswert und bringt eine sehr gute historische Einordnung zur Entstehung des Kapitalismus und seiner Abhängigkeit von Wirtschaftswachstum und billiger Energie. Auch erklärt sie fundiert, dass die Hoffnung auf »grünes Wachstum« und auf technologische Innovationen zur Rettung des Klimas verfehlt ist. Vage bleibt Herrmann allerdings dabei, wie konkret man/frau sich die neue staatliche Planwirtschaft vorstellen kann. Wo werden die Menschen arbeiten, die jetzt in klimaschädlichen Branchen ihr Auskommen finden, die in der neuen Planwirtschaft aber obsolet sind. In Deutschland sprechen wir da ja von Millionen Menschen. Offen bleibt auch die Frage, wie dieses Modell demokratisch durchgesetzt bzw. mehrheitsfähig werden kann. Herrmann schreibt selbst: »Eine Überlebenswirtschaft scheint derzeit politisch nicht durchsetzbar.« Und genau das fehlt dem Buch: eine positive Perspektive auf diesen Übergang, der die Menschen dafür motivieren könnte.

Fragen:

Ich treffe am 12. Oktober Ulrike Herrmann. Welche Fragen sollte ich mit ihr besprechen? Gerne per Email an helene.zand@gruenewirtschaft.at

Helene Zand im September 2022

Links:

Ulrike Herrmann: Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden, 2022

Ein spannendes Streitgespräch zwischen Ulrike Herrmann und Patrick Graichen von Agora, der Studien unter dem Titel »Kli­ma­neu­tra­les Deutschland« vorgelegt hat:  https://taz.de/Klimaschutz-im-Kapitalismus/!5786111/

 

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