Enttäuschung für EPU und ein Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit – eine Rückschau auf das Wirtschaftsparlament in der Steiermark

Am 12. Juni tagte das »Hohe Haus«, das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer Steiermark. Wie schon lange nicht mehr, gab es eine Flut von Anträgen, auch die anderen Oppositionsfraktionen wurden erstmals in dieser Funktionsperiode aktiv. Eine sehr positive Entwicklung, endlich kam Leben in das ein wenig verschlafene Gremium. Denn in der Wirtschaftskammer Steiermark ist es üblich und erwünscht, dass alle Initiativen in einem Beiratssystem vorgeprüft und diskutiert werden. Der Effekt ist, dass nur mehr selten Initiativen von wahlwerbenden Gruppen eingebracht werden und andere Meinungen damit kaum sichtbar sind.

Landessprecherin Andrea Kern – Foto: Philipp Podesser

In seiner wirtschaftspolitischen Rede plädierte Präsident Herk dafür, das »überbordende Sozialsystem« zu reduzieren, da mittlerweile die Meinung herrsche, dass man für staatliche Leistungen »nichts mehr tun müsse« und tritt einmal mehr für mehr Leistung ein, ansonsten drohe uns ein enormer Wohlstandsverlust. Er sprach auch davon, dass »wer Schulden macht, muss auch die Verantwortung übernehmen« und bezog sich dabei auf jene der Gesellschaft, die nicht mehr leisten wollen. Ein Schelm, der jetzt denkt, das würde doch auch gut auf die Treiber:innen der Klimakrise passen…

Auch die Grüne Wirtschaft Steiermark war mit drei Anträgen vertreten:

Absicherung von EPU und Kleinstunternehmer:innen

Unser bestehendes Sozialsystem ist nicht auf die flexible und schwer zu vereinheitlichende  Lebensrealität der Ein-Personen- und Kleinstunternehmer:innen ausgerichtet. Länger andauernde Krankheit, Alter oder Arbeitslosigkeit können für diese Gruppe Unternehmer:innen schnell zur existenziellen Krise werden.

Laut SVS haben in der Pension mehr als die Hälfte der Selbständigen weniger als Euro 1400,00 netto pro Monat zu Verfügung. Frauen trifft es noch stärker: Sie beziehen im Durchschnitt nur Euro 830,00 monatliche Pension. Das Krankengeld als Überbrückungshilfe nach dem 42. Tag, rückwirkend ab dem 4. Tag ausbezahlt, ist auf den Betrag von Euro 37,28 gedeckelt. Davon bleiben nach Abzug der Sozialversicherung von Euro 290,00 noch Euro 830,00 Euro Krankengeld im Monat, allerdings vor Steuer. Im Vergleich dazu liegt die Armutsgefährdungsgrenze bei Euro 1572,00 und die Ausgleichzulage bei Euro 1218,00 .

Wie wir sehen, ist das System ist also wenig treffsicher und stark reformbedürftig. Grund genug wieder einmal eine Initiative zur besseren Absicherung von EPU und Kleinstunternehmer:innen zu setzen.

Ein Auszug aus unserem Forderungskatalog:

  • Abschaffung des Selbstbehalts beim Arztbesuch
  • Krankengeld der Selbstständigen ab dem 4. Tag des Krankenstandes statt wie bisher nach 42 Tagen
  • Erhöhung Tagessatz auf Euro 40,00 bei gleichzeitiger Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen

Den gesamten Forderungskatalog findest du wie die anderen Anträge der Grünen Wirtschaft am Ende dieses Artikels.

Selbstredend wurde dieser Antrag von Wirtschaftsbund und Freiheitlicher Wirtschaft abgelehnt. In den Begründungen fielen Wörter wie »Märchenroman«, »unrichtige Aussagen« und es wurde versucht zu verdeutlichen, dass die SVS eine Vorreiterin an Innovation sei und sie im Vergleich zu anderen Sozialversicherungen ein mehr an Leistungen böte. Zudem würde der Wegfall des Selbstbehaltes eine verstärkte Inanspruchnahme an medizinischer Leistung nach sich ziehen, die man eigentlich vermeiden möchte. Noch eine Kuriosität am Ende: Durch eine Abstimmungspanne im Wirtschaftsbund wurde der Antrag zur Forderung des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband nach einem Krankengeld ab dem 4. Krankheitstag mehrheitlich, also auch vom Wirtschaftsbund, unterstützt.

Reparatur zum neuen »Normal« machen

Unser zweiter Antrag befasste sich mit dem Faktum, dass es durch die verstärkte Nachfrage nach Reparaturdienstleistungen aufgrund der flächendeckenden Einführung des Reparaturbonus zu einem hohen Bedarf an Reparateur:innen in den Fachbetrieben gekommen ist.

Viele Betriebe beklagen, dass Reparieren eine zu geringe Rolle in der Ausbildung spielt und es daher schwierig sei, genügend Fachkräfte zu bekommen. Daher haben wir in einem Antrag eine Verbesserung von Reparatur-Know-how in der Ausbildung vorgeschlagen.

Auch diese Initiative wurde mit dem Verweis, dass alle Forderungen bereits jetzt im Lehrberuf abgebildet sind, abgelehnt.

Treffsicherheit der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN)

Die Wiederauflage eines bereits vor einem Jahr eingebrachten Antrags zur Verbesserung der Treffsicherheit der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit brachte einen Erfolg für die Grüne Wirtschaft. Die seit Dezember 2002 bestehende »Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit (WIN)« ist ein gutes Instrument für Klein- und Mittelbetriebe die Transformation in ein klimafittes Wirtschaften durch geförderte Beratungsleistungen zu erleichtern. In den letzten Jahren wurden die vorgesehenen Budgetsummen aber bei weitem nicht ausgeschöpft bzw. das vorgegebene Ziel von 200 Beratungen pro Jahr nicht erreicht. Wir forderten daher eine bessere Bewerbung dieses Angebots und die bessere Ausbildung der Berater:innen.

Durch einen gemeinsamen Abänderungsantrag von Grüner Wirtschaft und Wirtschaftsbund war es möglich, diese Initiative erfolgreich zu beschließen.

 

 

GW-Antrag Soziale Absicherung GW-Antrag Verbesserung Reparatur Know Antrag_Initiative WIN_mit Abänderung