Kräuter, Gemüse auf kleinen Freiflächen, wie Fensterbrett, Balkon oder Terrasse, selber anbauen und ernten.

Grätzl-Werk-Stadt No. 62

von Elisabeth Walter

Elisabeth Walter Portrait
Elisabeth Walter

Elisabeth Walter: Was verstehst du unter Stadtfarmerin? Was ist deine Definition?

Petra Ida Geirhofer: Die Natur in die Stadt zu bringen und gleichzeitig selber gut für sich zu sorgen, d.h. für mich im Rhythmus der Jahreszeiten zu leben.

Petra Ida Geirhofer ist auf einem Bauernhof in Kärnten aufgewachsen, den die Familie schon seit einigen Generationen betreibt. Mit dem Rhythmus der Jahreszeiten zu leben, ist ihr quasi in die Wiege gelegt worden. Mit der Liebe zur Natur, den Tieren und dem philosophischen Aspekt: »Mit der Natur leben, aus der Natur leben und für mich die Natürlichkeit darin zu sehen und zu leben.« ist sie bestrebt, die Landwirtschaft ein Stück weit in die Stadt zu bringen.

Petra Ida Geierhofer

Sie hat die Agrarschule absolviert, danach hat es sie in eine ganz andere Richtung gezogen: in die Kunst. Sie wurde Bühnendarstellerin mit Schauspiel und Gesang. Nach 10 Jahren Bühnenerfahrung wurde die Sehnsucht groß, wieder etwas mit den eigenen Händen anzubauen. Und: gesagt – getan.

Das heißt auch, dass viel überliefertes Kräuterwissen mit einfließt, oder?

Ja, überliefert von meiner Mutter, von meiner ganzen weiblichen Ahnenlinie, die alle selbständige Bäuerinnen waren und ihre Gesundheit aus der Natur gefördert haben. Im üblichen Bauerngarten wurden die Kräuter und das Gemüse angebaut. Daraus entstanden die Tees, Salben und Tinkturen und eingelegtes Gemüse für den Winter.

Als Stadtfarmerin bringe ich dieses Wissen auf das Fensterbrett, auf den Balkon oder auf die Terrasse.

Zwei wesentliche Werte spielen eine zentrale Rolle: gesundes Essen und Wissen, wo die Lebensmittel herkommen.

Was würdest du Menschen empfehlen, die auch am Balkon oder Fensterbrettl ihre eigenen Sachen anbauen möchten und wie viel Zeit braucht man?

Klein anfangen. Klein anfangen mit Kresse oder Sprossen und beobachten, was gelingt und was nicht, was braucht es und was nicht? Mit Basilikum, Petersilie, Schnittlauch kann man sich schon eine kleine Apotheke heranziehen. Ein kleiner Tipp, um das Gießen anfänglich nicht zu vergessen: Die Pflanze ins eigene Sichtfeld stellen.

Schaffst du es, dich von deinem Angebauten selbst zu versorgen?

Nein, da würde ich mehr Kisten brauchen. Jedoch z.B. eine Tomatenpflanze schafft 5 kg, wenn alles passt, keine Schädlinge, Witterung usw. Die Herausforderung in den Kisten ist, das richtige Bodenklima mit allen Mikroorganismen entstehen zu lassen, das macht den Boden lebendig. Ich lebe Permakultur auf meiner Terrasse, stelle den Dünger rein biologisch selbst her. Die Kunst ist es, in den Kisten dieses Mikroklima herzustellen. Es gelingt mir mit unterschiedlichen Schichtungen, mit Erde, Sand, Kiesel, je nach Anspruch der Pflanze: Stark-, Mittel- oder Schwachzehrer, damit ist gemeint wie tief gehen die Wurzeln in den Boden und wie viel Nährstoffe braucht die Pflanze. Salat, Radieschen z.B. haben z.B. kurze Wurzeln, ziehen daher weniger Nährstoffe aus dem Boden. Und das ist die eigentliche Kunst: den Pflanzen den passenden Boden zu geben.

Noch ein Aspekt, der vielleicht für die Leser interessant ist: Nicht jede Pflanze ist mit dem Nachbarn zufrieden. Manche Pflanzen vertragen sich gut und andere gar nicht. Wie bei uns Menschen. Der Lorbeer oder der Wermut stehen am liebsten allein. Basilikum und Tomaten vertragen sich super. Karotten und Salat haben eine wertvolle Symbiose, die Karotten helfen dem Salat und umgekehrt, sie wehren z.B. Schädlinge gegenseitig ab und unterstützen sich dadurch.

Das liebe ich an der Permakultur: Es wächst, wenn es die richtigen Bedingungen, das richtige Umfeld hat.

Wenn man jetzt mit dem Garteln beginnen möchte, egal ob Fensterbrettl, Balkon oder Terrasse, was braucht man alles dazu?

  1.  Ein Bewusstmachen: Was hätte ich denn gern? Wie viel Zeit kann/möchte ich investieren?
  2. Informationen über die Bedürfnisse, die die Pflanze, die ich ziehen möchte, braucht
  3. Ein Gefäß, wenn keine Töpfe zu Hause sind, dann eignet sich auch etwas anderes. Empfehlung: Ton oder Holz
  4. Gute Bio-Erde
  5. Samen, samenechte Samen kaufen – nach der Ernte Samen aufheben für die nächste Saison
  6. Dünger

Beim Neubeginn ist die Vorbereitungsphase vielleicht noch etwas länger, ist der Samen dann in der Erde, gut gegossen, ist der Betreuungsaufwand überschaubar.

Was ist dein Benefit, Kräuter und Gemüse selber anzubauen?

Die Liebe. Die Liebe und Beziehung zur Natur und zu mir selber.

Auch, wenn man sich noch nicht ganz selbst versorgen kann, ist es für mich der Genuss und die Freude, dass Eigene in den Händen zu halten und zu essen. Das eigene Kräutersalz herzustellen; das eigene Gemüse fermentieren oder einlegen.

Vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person: Petra Ida Geirhofer

Ihr Motto: Wie spürt sich grünes, gesundes Leben in der Stadt an?

Sie ist Mama, Stadtfarmerin & Lebens- und Sozialberaterin, Agrarabsolventin, Kräuterpädagogin & Bühnendarstellerin, Gesang/Schauspiel/Tanz

In ihren Workshops und Seminaren zum Thema »Garteln in der Stadt, auf der Terrasse und am Fensterbrett« gibt sie ihr Wissen weiter. Auch ihre Kräuterwanderungen in Wien schärfen das Bewusstsein für nachhaltiges Garteln und bringt auch die Fülle an Möglichkeiten ans Licht.

www.instagram.com/diestadtfarmerin

www.petraida.com

Titelbild Fotocredit: Unsplash