Die EU-Wahl ist geschlagen. Angesichts der strategisch geplanten Attacke auf die einzige (junge) Frau unter den Spitzenkandidaturen würde ich von einem „Ergebnis mit blauem Auge“ sprechen. Die FPÖ hat, leider wenig überraschend, aber dennoch bedrückend, den Sieg eingefahren. Und besonders bedenklich ist die niedrige Wahlbeteiligung – ein Problem, das wir auch von der Wirtschaftskammerwahl kennen.

Jenen, die nicht am demokratischen Prozess teilnehmen, ist leider nicht bewusst, dass sie mit ihrem Fernbleiben künftige politische Richtungsentscheidungen zu Gunsten der Wahlsieger:innen überproportional verstärken. Warum das so ist? Weil bei einer Wahlbeteiligung von 56,3 % von den 6.372.204 Wahlberechtigten in Wahrheit „nur“ 893.754, also anstelle der 25,4 % nur 14 % der wahlberechtigten Bevölkerung den Sieg der FPÖ herbeigeführt haben. Versteht mich nicht falsch: Jede Stimme für die extreme Rechte ist eine zu viel! Dennoch relativiert ein Blick auf die exakten Zahlen das Ergebnis. Dieses Votum bedeutet, dass von 20 österreichischen Sitzen im EU-Parlament 6 (!) von der FPÖ eingenommen werden. Das ist somit eine überproportionale Repräsentanz in einem extrem wichtigen Gremium!

Für die kommenden Wochen und Monate steht uns nun Dauerwahlkampf ins Haus. Die Nationalratswahl darf uns nicht egal sein, denn die zukünftigen Mehrheiten bestimmen maßgeblich, wie es mit der Wirtschaft weitergeht:

  • Werden weiter die Stellschrauben zur Ökologisierung der Wirtschaft gestellt oder geht es rückwärts in die fossilen Zeiten?
  • Werden unter dem Schlagwort „Technologieoffenheit“ alte Systeme weiter betrieben, statt wesentlich effizientere Wege zu beschreiten?
  • Wird für Fairness und Gerechtigkeit im Steuer- und Sozialversicherungssystem gesorgt oder bleiben die Eliten privilegiert?
  • Gibt es Chancengleichheit für alle Unternehmer:innen durch selbstverständlich gelebte Diversität und Inklusion? Oder dürfen rechte Parolen das Klima in Österreich vergiften und uns international ins Abseits stellen?
  • Werden Frauen in der Wirtschaft bewusst gestärkt oder werden die Konservativen weiter die Spitzenpositionen besetzen?
  • Geht es bei wirtschaftspolitischen Maßnahmen nur um die Industrie und Konzerne oder spielen die Realitäten von EPU und KMU eine wichtige Rolle?
  • Kooperation oder Konfrontation? Gemeinsame Weiterentwicklung oder Verdrängungswettbewerb?

Unsere Vorbereitungen auf die Wirtschaftskammerwahl dürfen deshalb nicht nur mit dem Blick auf das Frühjahr 2025 gesehen werden. Es wird auch wichtig sein, die kommenden Wochen für Gespräche über eine Grüne Wirtschaftswende zu nutzen. Denn für die Verwirklichung unserer Vision ist eine starke, ökologisch-soziale Stimme im Nationalrat unerlässlich.

Es steht uns also ein Marathon bevor. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das gemeinsam schon schaffen werden!

Bis sehr bald
Sabine

Sabine Jungwirth
Bundessprecherin Grüne Wirtschaft