Tipps und Tricks vom Steuerberater

Sich in Österreich selbstständig zu machen, erfordert viel Energie und Mut. Denn gerade am Anfang kann die Komplexität bei Gewerberecht, Sozialversicherung und Steuersystem bei der Überlegung, sich selbstständig zu machen, ganz schön einschüchtern.

Um angehende Selbständige bei ihren ersten Schritten zu unterstützen, hat die Grüne Wirtschaft Steuerberater Dr. Rainer Fussenegger zum Interview gebeten. Darin erfährst du, wie du dich gleich zu Beginn deiner Selbstständigkeit ideal aufstellst und wie du häufigen Fehler in deinen ersten Jahren als Unternehmer:in vermeiden kannst.

Copyright: Die Grünen Burgenland


Grüne Wirtschaft:
Dr. Fussenegger, wie stellt man sich zu Beginn bei Unternehmensgründung in puncto Steuern und Abgaben ideal auf?

Dr. Fussenegger: Ganz zu Beginn würde ich zwei Besuche ans Herz legen. Zum einen mal der beim Gründer:innenservice der WKO. Viele meiner Klient:innen waren zu Beginn ihrer Selbstständigkeit dort oder aber ich schicke sie selbst hin. Die Rückmeldungen sind wirklich gut und die Beratung ist kostenlos. Dort bekommt man Informationen dazu, wie man das Gewerbe überhaupt anmeldet und erfährt auch alles Notwendige zu Gewerberecht*, Anmeldung der Sozialversicherung usw.

Und als 2. Besuch würde ich eine Erstberatung bei einer Steuerberatung empfehlen. Der Termin geht dann richtig in die Tiefe und gibt handfeste und an die jeweilige Situation angepasste Auskunft zu Steuern, Steuerausgleich, was zu beachten ist, Fristen und und und. Das heißt nicht, dass eine zahlen-affine und organisierte Person dann die laufenden Agenden nicht im Alleingang erledigen kann. Es heißt nur, dass ich – unabhängig, wie man sich danach verwaltet – ganz zu Beginn der Selbstständigkeit eine Beratung durch eine/n Steuerexpert:in oder Bilanzbuchhalter:innen empfehle.
Denn grundsätzlich ist das Ganze nämlich natürlich viel einfacher, wenn man sich vorab schon informiert hat.

Eine Sache, die angehende Unternehmer:innen zudem laufend tun können und ich sehr ans Herz legen würde, ist, eine einfache Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in Excel zu führen.
Es reicht, wenn dabei Datum, Inhalt, Betrag und Name festgehalten wird. Es geht dabei einfach darum, den Überblick zu behalten.

Grüne Wirtschaft: Welche sind die häufigsten Fehler, die Ihnen als Steuerberater unterkommen und wie kann man sie vermeiden?

Dr. Fussenegger: Der häufigste und größte Fehler ist, gar nichts zu tun. Sprich also einfach darauf loszuarbeiten ohne Überblick über Einnahme, Ausgaben oder Fristen. Ich erlebe das tatsächlich immer wieder.
Manchen fällt erst dann wieder ein, dass sie da was tun müssen, wenn sich das Finanzamt meldet. Und dann ist es kompliziert, zeitaufwendig und kostspielig, da wieder herauszukommen. Also auch an dieser Stelle noch einmal: idealerweise wird von Anfang an eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung geführt.

Ein weiterer, sehr häufiger Fehler ist, auf die Sozialversicherung zu vergessen. Gerade zu Beginn schleicht sich die Selbstständigkeit häufig erst ein. Man verdient beispielsweise aus der Selbstständigkeit heraus weniger als 12.000 Euro/Jahr und ist damit Einkommensteuer-befreit. Das Problem mit der SVS ist aber, dass sie einen anderen Grenzwert hat und bereits nach 7.000Euro/Jahr abzuführen ist. Viele sind dann zumindest noch aus einer Anstellung oder Studium mitversichert. Manche stellen aber beim Arztbesuch oder gar im Krankenhaus schockiert fest, dass sie überhaupt nicht versichert sind.

Zusätzlich ist bei der Sozialversicherung zu beachten, dass man zu Beginn automatisch auf den Mindestbetrag eingestuft wird. Erst nach 3 Jahren wir dann rückwirkend entlang des tatsächlichen Umsatzes vorgeschrieben. Damit nicht zu kalkulieren und von einer eventuell sehr hohen Rückzahlung von 20 000 oder 30 000 Euro überrascht zu werden, kann den finanziellen Ruin bedeuten. Um das zu vermeiden, sollte man (gemeinsam mit der/dem Steuerberater:in) schon vorberechnen, wie hoch die Sozialversicherung im Endeffekt ausfallen wird.

Und das Thema wäre natürlich nicht komplett ohne die Umsatzsteuer. Es gibt zwar Ausnahmen wie z.B. die Kleinunternehmer:innenregelung, aber grundsätzlich fällt auf alle Einnahmen Umsatzsteuer- oder auch Mehrwertsteuer genannt–an. Wenn man also einfach darauf losarbeitet, ohne eine Umsatzsteuererklärung abzugeben oder UST abzuführen, kann einen die Höhe der Beträge bei Nachzahlung ordentlich aus der Bahn werfen UND man befindet sich im Bereich eines Finanzstrafdelikts.
Also wichtig hier, die Umsatzsteuer generell beachten, die Fristen für UST-Erklärungen wahren, und bei der Kleinunternehmer:innenregelung die Einnahmen im Blick haben, um bei einer etwaigen Überschreitung rechtzeitig reagieren zu können. Oft kann nämlich schon ein einzelner größerer Auftrag plötzlich eine Überschreitung verursachen.

Zur Person:
MMag Dr. Rainer Fussenegger ist einer der beiden Geschäftsführer der in Wien ansässigen Kanzlei „Fussenegger und Partner“ und seit über 25 Jahren als Steuerberater tätig.

Wir bedanken uns für das Interview!

 

*Für die Beurteilung der Gewerbeberechtigung ist die Gewerbebehörde zuständig.